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23. April 2021

Europa und der Fußball

Wir sind uns doch näher, als es die Hedgefonds dachten

Ein Gespenst geht durch Europa. Der Fußball soll nun endgültig kapitalisiert werden. Dabei ist klar: Das Fußballgeschäft ist bereits seit Jahren ein finanzintensiver Sport, in dem jährlich viele Milliarden Euro umgesetzt werden. Karl Marx dreht sich zurecht im Grabe um. Man munkelt, das düstere Hedgefonds um JP Morgan herum eine neue Super League gründen wollen, die mit dem bisherigen Fußball nichts mehr zu tun hat. Gründungsmitglieder sind ausgerechnet die sechs englischen, drei italienischen, drei spanische Clubs, die es noch nie gelernt haben, mit ihren Budgets hauszuhalten.

 

 

All diese Clubs eint, dass sie in den letzten Jahrzehnten weit über ihre Verhältnisse gewirtschaftet haben und nun vor dem Scherbenhaufen ja sogar vor dem Konkurs ihrer Vereine stehen. Da sind die rund 3,5 Milliarden Euro als Gründungskapital für diese Liga und das Versprechen einer üppigen Ausschüttung an die notleidenden Vereine der vermeintliche Rettungsanker.

 

Doch haben weder die Club - Repräsentanten noch die Geldgeber von JP Morgan damit gerechnet, wie einhellig und mit welcher Wucht sich alle Fußballfans Europas gegen diese Initiative stemmen. Irgendwie scheint es, als ob der Fußball ein wirklich wichtiger Kitt in den Fugen Europas geworden ist. In diesen Zeiten, in denen sich die EU durch eine unglückliche Krisenpolitik in große Schwierigkeiten bringt, in der sich ein Ungeschick der diversen Kommissare an das andere reiht, in der sich europafeindliche gesellschaftliche Gruppen vermehrt zu Wort melden, ist ausgerechnet König Fußball sich in ganz Europa komplett einig, die Spielstrukturen – durchaus mit Reformen – aber als Volkssport so zu belassen, wie er ist. Hier gibt es keinen Brexit, hier liegen sich holländische und deutsche Fußballfans komplett einig in den Armen und die Franzosen fraternisieren mit den Belgiern. Europa halt - at its best.

 

Europa hat einfach viele wundervolle Gemeinsamkeiten, die im Laufe der Jahrzehnte schier zu Selbstverständlichkeiten geworden sind. Der Fußball hat das gezeigt. Nun gilt es, die vielen andern selbstverständlichen Punkte zu finden, die uns einen. Dann hat die Initiative der Pleitevereine Englands, Spaniens und Italiens der Europäischen Einigkeit einen großen Dienst erwiesen. Und es wird sich zeigen, dass große Traditionsvereine wie Real Madrid oder Inter Mailand nicht einfach pleitegehen. Die müssen unter strenger Kostenkontrolle ein paar Jahre etwas kleinere Brötchen backen. Managen und haushalten zu lernen, tut diesen Vereinsfunktionären ohne jede Frage gut. Für Europa heißt es Mut zu schöpfen. Denn hier ist sich der gesamte Kontinent vollkommen einig. Und vielleicht können die Europäischen Banken den Fußballmanagern mit Know-how unter die Arme greifen.

Bodo Bimboese, Frankfurt am Main, Vorstand und Mitbegründer von YOUROPEAN, 23. April 2021
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