Trans-Europa Express

 Nachlese zur Frankfurter Buchmesse 2016*

 

  • Was ist Europa?

Es fehlt eine Europa-Wetterkarte im Fernsehen

  • Ist Europa zu retten ?

Wir Schriftsteller arbeiten wie kleine Ameisen Stück für Stück an Europa 

  • Was lehrt uns die Geschichte?

Ein Wechsel von Interessen- zu Identitätspolitik birgt Gefahren

  • Europa als Bastion der Freiheit?

Die Beispiele Türkei und Russland

  • Die Sprache von Gibraltar – Europäische Identität?

Es gibt nicht die eine europäische Identität

  • Europa der Werte – kultureller Austausch und „robuste Zivilität“!

Europa lebt vom Austausch und Wettstreit der Ideen

 

*Impressionen aus Podiumsdiskussionen mit Autoren im Rahmen des von Litprom e.V. organisierten „Weltempfangs“ der Frankfurter Buchmesse 2016, dessen Diskussionsreihe unter dem Motto „Jetzt erst recht, Europa!“ stand.

 

Was ist Europa?

„Warum gibt es kein Fernsehprogramm mit einem europäischen Wetterbericht den ganzen Tag?“ fragt die auf Französisch diskutierende Schriftstellerin Shumona Sinha („Erschlagt die Armen“, Nautilus 2015), die sich schon als Kind in ihrer Heimatstadt Kalkutta über „BBC World Weather“ mit der geographischen Dimension des British Commonwealth vertraut  machte. Bei dieser Frage stieg ich auf der Frankfurter Buchmesse 2016 in meinen literarischen „Trans-Europa-Express“ ein, so der Titel einer Podiumsdiskussion des „Weltempfangs“, dessen Diskussionsreihe unter dem Motto „Jetzt erst recht, Europa!“ stand.

Literarisch konnte Shumona Sinha schon als Teenager Europa ohne Probleme definieren: „Für mich gab es in Indien nur eine europäische Literatur“, die alle kontinentaleuropäischen Länder umfasste. Russische, französische, italienische, … Literatur, „alles war ins Bengalische übersetzt“ und wurde von der angehenden Schriftstellerin ganz selbstverständlich als eine europäische Literatur wahrgenommen. Dagegen sah sie das Vereinigte Königreich auch kulturell „immer separat“, eine Anspielung auf den Brexit, die mir den in der Geschäftswelt verbreiteten Begriff „EMEA“ für die Region „Europe, Middle East and Africa“, natürlich ohne UK,  in Erinnerung rief; und auch die Schlagzeile, die vor geraumer Zeit in der Londoner Times erschienen sein soll: „Fog over the Channel, Europe isolated“.

 

Ist Europa zu retten ?

Ist die Hoffnung realistisch, so die Frage des Moderators Peter Ripken, dass Literatur und die Kultur allgemein das Europa,  „von dem wir träumen“, retten kann?  Die aus Sardinien stammende Paola Soriga („Wo Rom aufhört?“, Wagenbach 2014) ist sich da aus italienischer Perspektive nicht so sicher. So seien z.B. die Lehrpläne der humanistischen Gymnasien in Italien („lettere“) sehr stark auf Italienische Literatur konzentriert. Als „Optimista de Natura“ setzt sie ihre Hoffnung jedoch auf die neuen Generationen, durch  Interrail,  Erasmus-Programme und Billigflüge europaweit unterwegs und mit unterschiedlichen europäischen Kulturen und Lebensstilen fast selbstverständlich vertraut. Wobei, so Soriga, Literatur und Kultur ihre Wirkung nicht isoliert, sondern nur im Zusammenwirken mit guter Politik, vor allem Sozialpolitik entfalten könnten.

Es gehe, so fügt die spanische Autorin Mercedes Monmany aus Barcelona hinzu, um ein Europa der Werte. Und sie warnt zugleich vor unrealistischen Erwartungen, da es nicht allzu viele Themen gebe, die Ost- und Westeuropa oder Länder wie Spanien und Finnland verbinden. Sie hat sich trotzdem oder gerade deswegen in ihrem 2016 auf Spanisch veröffentlichten Buch „Por las Fronteras de Europa“ zu den Grenzen Europas aufgemacht, um europäische Geschichten aufzuspüren. In einem Interview vom 11.5.2015 äußert sie sich dazu wie folgt (Zeitschrift El Cultural, zit. nach http://www.elcultural.com/noticias/buenos-dias/Mercedes-Monmany/7750; Übersetzung des Vf.):

“Europa ist ein Bündel von Identitäten, die wie die russischen Matrioschkas funktionieren. Auch wenn es utopisch klingt, der europäische Geist müsste sich schon in der Kindheit entwickeln, aus den Schulen heraus. [Claudio] Magris kennt das sehr gut: in Triest geboren, fühlt er sich zutiefst als Italiener und besitzt zur gleichen Zeit eine überwölbende europäische Identität. Ich glaube nicht, dass Europa sich ausgehend von Fernsehnachrichten bauen lässt …, ohne dass man von einer gemeinsamen Kultur spricht.“

Allein über Wirtschaft zu sprechen heiße von dem zu sprechen, das uns trennt, das uns einander entfremdet. Europäische Geschichten entstünden nur durch Austausch, durch Treffen und Gespräche, in Küchen, auf der Straße, in Cafés, …

Shumona Sinha setzt viel Hoffnung und Optimismus auf „Métisage“ – ohne jedoch diesen komplexen Begriff des kulturellen und persönlichen Austauschs näher zu qualifizieren – und nicht zuletzt in die Literatur: Wir Schriftsteller, sagt sie, sind alle „kleine Ameisen“, die Stück für Stück, „Tropfen für Tropfen“ an Europa arbeiten.

Was lehrt uns die Geschichte?

Ian Kershaw beschreibt in seinem Ende 2015 erschienenen Buch „Höllensturz“, wie sich die europäische Zivilisation in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts durch aggressiven Nationalismus, Gebietsstreitigkeiten, Klassenkonflikte und Wirtschaftskrisen an den Rand der Selbstzerstörung brachte. Auf dem Podium Europa! der Buchmesse sieht Kershaw wenig Parallelen zwischen der heutigen Situation und der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Mit einem indirekten Seitenhieb auf die 2012 veröffentliche Analyse „The Sleepwalkers: How Europe went to War in 1914“ des australischen Historikers Christopher Clark verneint Kershaw ein eher zufälliges „Hineinschlittern“ und stellt fest, dass es klare gemeinsame Ursachen für den Ersten Weltkrieg gab, alle europäischen Kriegsmächte hätten aus paranoiden Ängsten mitgewirkt. Heute hätten die Atommächte ein großes Interesse an Mäßigung.

Herfried Münkler („Macht in der Mitte: Die neuen Aufgaben Deutschlands in Europa“, 2015) diskutiert die Frage, inwiefern Ängste heute im historischen Vergleich das Verhalten verzerren. Die aufstrebenden Wirtschaftsmächte Deutschland (1914) und China (heute) fühlten bzw. fühlen sich mit einer gewissen Berechtigung als wirtschaftlich „strangulierbar“. Deutschland habe darauf in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts mit dem fatalen „Drang nach Osten“ reagiert, China implementiere derzeit eine  „Seidenstraßenstrategie“, um sich für seine Absatz- und Rohstoffmärkte einen Landweg zu sichern.

In den europäischen Demokratien grassierten heute Ängste anderer Art, z.B. Ängste vor den Folgen der Globalisierung, die sich laut Münkler nicht in konstruktive Furcht vor konkret identifizierten Problemen umwandeln, sondern diffus bleiben. Die Verantwortung hierfür liege bei den Medien, nicht zuletzt den sozialen Medien, sowie bei den Politikern, die die Lösbarkeit der Probleme auf nationaler oder europäischer Ebene nicht erklären könnten. Laut Kershaw zielt die Reaktion auf diese Unsicherheiten, nämlich eine Politik der „De-Globalisierung“ genau in die falsche Richtung. Es sei „irrational“, die Brüsseler Bürokratie, den Euro und die EU-Immigranten als Sündenböcke hochzustilisieren, wie exemplarisch in der politischen Kampagne für den Brexit geschehen. Münkler ergänzt unter dem Stichwort „Tragödie der Allmende“, es brauche eine gewisse Weitsicht und Klugheit nicht zuletzt der Netto-Geberländer, den Nutzen gemeinschaftlicher Güter (sog. „Club-Güter“) und supranationaler Institutionen zu erkennen.

Wenn Politik und Gesellschaft sich nicht mehr über ihre objektiven Interessen verständigen können, führt dies laut Kershaw in Demokratien – auch hier sei der Brexit beispielhaft – zum „Wechsel von Interessen- zu Identitätspolitik“.

 

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Europa als Bastion der Freiheit?

„Ihr verliert die Türkei“, ruft Can Dündar ins Publikum des Panels „Türkei und Europa“ und fordert deutlichere  Worte und Taten Europas und Deutschlands zur akuten Bedrohung der Presse- und Meinungsfreiheit in der Türkei. Der in Deutschland im Exil lebende Dündar ist ehemaliger Chefredakteur der 1924 gegründeten Zeitung „Cumhuriyet“ („Republik“) und u.a. Initiator der Petition #FreeWordsTurkey von Börsenverein des Deutschen Buchhandels, PEN-Zentrum Deutschland und Reporter ohne Grenzen.

Josef Haslinger, österreichischer Schriftsteller und Präsident des PEN-Zentrums Deutschland, spricht von „Meinungsdiktatur“ in der Türkei, seit Erdogan ab dem Putschversuch im Juli 2016 kritische Medien nahezu komplett ausgeschaltet habe. Dass Haslinger damit nicht  übertrieben hat, zeigt nicht zuletzt die zwischenzeitliche Verhaftung des ebenfalls an der Diskussion teilnehmenden deutsch-türkischen Denis Yücel, bis zu seiner Inhaftierung Türkei-Korrespondent für Die Welt/N24. Dündar fordert Europa auf, zu seinen Prinzipen und Werten zu stehen, um den 50% der türkischen Bevölkerung Rückhalt zu geben, die versuchten, das Land „in den Westen zu ziehen“ statt in den Osten.

„Festung Europa oder Bastion der Freiheit und Menschenrechte“ war das Thema eines weiteren Panels in Kooperation mit ICORN, dem im norwegischen  Stavanger gegründeten International Cities of Refuge Network. ICORN bietet in ihrer Heimat politisch gefährdeten Schriftstellern und Künstlern in über 50 Städten weltweit mit Schwerpunkt in Skandinavien und Europa eine Zuflucht und Bleibe. Die Schriftstellerin Anzhelina Polonskaya (z.B. Libretto zum Oratorio Requiem Kursk, 2011 https://vimeo.com/37096439 ), nahe Moskau aufgewachsen, von 2015 bis 2017 in der „City of Refuge“ Frankfurt am Main lebend, zeichnet ein düsteres Bild von Russland, das in Ihren Worten „seit Peter dem Großen ein Teil von Europa“ ist. Sie fühlt sich in Frankfurt frei und zu Hause, zugleich schmerzen die gekappten Verbindungen zu ihrer Heimat. In Russland zeige sich eine neue Art Faschismus, wo 80 Prozent der Bevölkerung mit ihrem Dasein zufrieden sind, und wo die Propaganda die Jugend, die keine schrecklichen Kriegserinnerungen hat, auf einen dritten Weltkrieg vorzubereiten scheint. Putin, letztlich ein Spiegelbild der Gesellschaft, habe die junge Demokratie komplett zerstört. Der Protest einer kleinen Minderheit von 5 Prozent könne wenig ausrichten und bringe die Akteure in Lebensgefahr. Polonskaya nennt die Beispiele des Politikers Boris Nemzow, 2015 auf offener Straße ermordet, und der Autorin und Menschenrechtsaktivistin Anna Politkowskaja („Tschetschenien. Die Wahrheit über den Krieg“, 2003; „In Putin´s Russland“, 2005), die 2006 im Aufzug ihres Hauses erschossen wurde.

 

Die Sprache von Gibraltar – Welche europäische Identität?

Bei der Podiumsdiskussion, für die der Gedichtband „Die Sprache von Gibraltar“ (2016) des Berliner Autors Björn Kuligk  Pate stand, bricht es aus der flämisch-marokkanischen Autorin Rachida Lamrabet hervor: „Wir kennen einander nicht, insbesondere in Belgien. Wir sind “super divers”, aber wir wissen nichts voneinander, doch wir haben unsere Klischees;” und, exemplarisch auf den “Dschungel von Calais” verweisend, “es ist eine Tragödie was da vor sich geht, und Europa ist dafür verantwortlich… Die Gesellschaft hilft, aber Politiker schaffen Furcht… auf eine Art und Weise, welche die Gesellschaft auseinanderdividiert.” Selbstvergewisserung tue Not, denn:

“Wenn Du weißt, wer Du bist, mußt Du andere nicht fürchten.”

In ihrem 2008 erschienen Buch “Frauenland“ beleuchtet Lamrabet diese Themen: die Suche einer jungen Marokkanerin in Belgien nach ihrem eigenen Weg, die Angst der jungen marokkanischen Männer vor Europa, in dem vermeintlich die Frauen das Sagen haben – „Dort ist sie der Chef und du bist der schmet, der Loser.“ Und darüber hinaus die Frage, was Europa jungen Maghrebinern bietet, bieten kann und was sie in ihren Ländern aufgeben, wenn sie gehen (zit. nach Knoblauch, Zeit Online, 3.2.2010). Vom anderen Ende Europas, aus der Perspektive Russlands, sieht die Frankfurter Übersetzerin Christiane Körner in dem Panel „Wo hört Europa auf?“ Europa als einen „Raum, in dem Rechte garantiert sind“ und wo Rechtsstaat und weitere zivilisatorische Errungenschaften identitätsstiftend wirken: Bildung, Reisefreiheit, Konsum, Besitz, Freizeit, wissenschaftlicher Fortschritt, die Schlussakte von Helsinki. Aus Sicht der russischen Medienpropaganda werde Europa aber auch als „Gayropa“ verdammt; als ein Sodom, das mit „35 Geschlechtsdefinitionen“, sich auflösenden Identitäten, Flüchtlingsschwemmen und islamistischen Terroranschlägen der Rettung durch Russland bedürfe; die für Europa eigentlich identitätsstiftenden Werte Familie, Tradition und christliche Religion würden heute in Russland verteidigt. Diese in Russland durchaus wirksame Propaganda sieht Körner auch im Zusammenhang damit, dass Perestroika und Aufklärung in Russland „negativ besetzt“ seien; sie verweist in diesem Zusammenhang auf die von der Nobelpreisträgerin Alexijewitsch in „Secondhand-Zeit“ dokumentierten Gespräche mit russischen Bürgern.

 

Europa der Werte – kultureller Austausch und „robuste Zivilität“!

Zweifel an der identitätsstiftenden Kraft Europas äußert im Panel „Mehr Europa, aber anders als bisher“ die in Berlin lebende kroatische Autorin Ivana Sajko (Auf dem Weg zum Wahnsinn (und zur Revolution), 2014): Was bleibe denn übrig von Europa ohne deutsche Einheit, Kriege und Geschichte? Wo bleibe die Stimme der Linken …

„Who takes care of the people?“

Sajko merkt an, sie sei völlig schockiert aus Budapest zurückgekommen, ihr Glaube an den europäischen Humanismus sei erschüttert. In Kroatien habe der Einfluss der Kirche auf die Politik wieder stark zugenommen. Der Konflikt zwischen lokaler, zunehmend religiös geprägter politischer Praxis und übergeordneten europäische Ideen wie z.B. dem französisch geprägten Laizismus sei nicht zu übersehen. Auch den französischen Autor Mathias Énard („Kompass“, Prix Goncourt 2016) bewegt die Frage nach der europäischen Identität: auf welcher ideellen Grundlage können wir im 21. Jahrhundert Antworten auf drängende Fragen finden, ohne in national oder religiös begründete Identitätspolitiken zurückzufallen? Dass diese Sorge berechtigt ist, bestätigt die Gila Lustiger (Erschütterung, 2016) im Salon „deutsch-französischer Wechselblick auf Europa“: nach den Anschlägen von Paris gebe es eine „Ethnisierung der Konflikte“, keiner sei mehr „Universalist, Franzose … alle reden über französische Identität, nicht über die eigentlichen Probleme“.

Der belgische Schriftsteller Stefan Hertmans („Der Himmel meines Großvaters“, 2014; Die Fremde, 2017) will von einer Identitätskrise nichts wissen und setzt der „angoisse identitaire“ (Heiner Müller) einen nüchternen Pragmatismus entgegen: „Europäer ist einer, der sagt, er sei in einer Krise … schon immer gewesen … also: Schluss damit“. Man müsse vielmehr konkret darüber  nachdenken was Religion bedeutet. Bei der Abgrenzung zum sozio-kulturellen Bereich herrsche Verwirrung, wie z.B. die Aufregung über den Burkini zeige. Der Populismus vermische beides mit Absicht.

„Il faut etre beaucoup plus pragmatique“

Und, unter Bezug auf das 2000 auf Deutsch erschienene Essay „Tödliche Identitäten“ von Amin Maalouf, ruft Hertmans zu „mehr Gelassenheit“ auf! Ein Beispiel für pragmatische Gelassenheit ist Diablog.eu, das von der Berliner Übersetzerin Michaela Prinzinger 2014 gegründete zweisprachige deutsch-griechische Netzportal. Zu dessen 3-jährigem Bestehen schrieb Aris Fioretos, schwedischer Schriftsteller österreichisch-griechischer Herkunft folgende Grußworte: „Verständigung, auch zwischen Kulturen wie der griechischen und der deutschen, geht nur in kleinen, sorgsamen Schritten — in Höhe des Grases. Schönere Wiesen, aussichtsreichere Weiden zu begehen als die von diablog.eu gibt es kaum“ (zit. nach der Website diablog.eu).

Ebenfalls im Panel „Wo hört Europa auf?“ stellt die Ethnologin und Historikerin Elif Dagyeli aus Berlin ihren gleichnamigen Verlag vor, dessen Ziel es ist, mittelasiatische Autoren aus Türkei, Kaukasus, Zentralasien aus den Originalsprachen zu übersetzen. Hier werde deutlich, so die Panelisten, dass Griechenland mit seinen Inseln nicht den Rand Europas markiert; vielmehr stehe die „Mikrogeographie des griechischen Raums“ (Prinzinger) für Europa´s kulturellen Austausch mit Mittelasien, dem östlichen Mittelmeerraum und – von Kreta aus in Sichtweite – Afrika. Den mediterranen Aspekt Europas betont auch der Franzose Énard, der ebenso wie manch anderer Teilnehmer des „Weltempfangs“ die Kraft europäischer Werte nicht zuletzt am Umgang Europas mit der Flüchtlings- und Migrationskrise im Mittelmeerraum messen will.

Nicht allein der freie Austausch von Ideen, gerade auch die freie Äußerung von Meinungen sind grundlegende europäische Werte. Seit Kant sein

„sapere aude! Habe Muth, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“

im Jahr 1748 zum „Wahlspruch der Aufklärung“ machte, müssen diese Werte immer wieder neu erkämpft, bestätigt und austariert werden. In der Podiumsdiskussion „Kommunikation und das Internet“ stellt der britische Historiker (und frühere Journalist) Timothy Garton Ash (Redefreiheit, 2016; Karlspreis 2017) zehn Prinzipien für die Redefreiheit in einer (digital) vernetzten Welt vor. Mit der Wiedergabe dreier dieser für Europa wesentlicher Prinzipien beschließe ich meine Nachlese zum „Weltempfang“ der Frankfurter Buchmesse 2016:

  • „Wir nutzen jede Chance, Wissen zu verbreiten, und tolerieren hierbei keine Tabus. …
  • Wir sprechen offen und mit robuster Zivilität über alle Arten von Unterschieden zwischen Menschen.
  • Wir respektieren alle Gläubigen, aber nicht unbedingt alle Glaubensinhalte. …“

 

Im Oktober 2017

Dr. Klaus Mössle, Rechtsanwalt und Mitbegründer von YOUROPEAN e.V.

Der Inhalt des Beitrags liegt in der Verantwortung des Verfassers und gibt ausschließlich die Meinungen, Ansichten und Einschätzungen von diesem wieder.

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