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16. Juni 2017

Emmanuel Macron – Erwartungen an und von Europa

Der vierte Salon von Youropean befasst sich mit den neuen politischen Verhältnissen in unserem Nachbarland Frankreich. Insbesondere vor dem Hintergrund des Brexit-Entscheids im Vereinigten Königreich im vergangenen Jahr, ist die Partnerschaft Frankreichs mit Deutschland umso wichtiger geworden. Gemeinsame deutsch-französische Initiativen sollen die anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union keineswegs außen vor lassen, sondern im Gegenteil den Weg für eine schrittweise stärkere Integration der Gemeinschaft bereiten. Denn, wenn zwei möglichst ähnlich starke Partner entschlossen vorangehen, werden andere EU-Länder dem Beispiel folgen und zu einer nachhaltigen Zukunft der EU und auch der Währungsunion beitragen.

Diesem Partner Frankreich hat es in den letzten Jahren an Kraft gefehlt, an Kraft in vielerlei Hinsicht. Dies lag nicht allein an Wirtschaftsdaten, sondern vor allem an einem fehlenden Vertrauen in Frankreich innerhalb der eigenen Bevölkerung und damit einhergehend an fehlendem Mut für Veränderungen, im eigenen Land und in Europa. Es galt also, mit einem neuen Präsidenten
und einer neuen Regierung wieder die Zuversicht zu erlangen, gemeinsam in der Europäischen Union die Herausforderungen einer von Terror geplagten, globalisierten Welt anzugehen. Und ja – es galt auch den Globalisierungs- und Europa-feindlichen Populismus des Front National und seiner Kandidatin Marine Le Pen abzuwenden und auf möglichst weiten Abstand zurückzudrängen.

Die Zeichen stehen gut. Emmanuel Macron, der neue französische Präsident, hat die parteipolitische Landschaft in Frankreich in vielerlei Beziehung auf den Kopf gestellt. Über alle Aspekte hier zu schreiben, würde zu weit führen. Wichtig ist auch mit Blick auf die aktuelle politische Debatte in Deutschland, dass er sich als einziger Kandidat in Zeiten zunehmender Europa-Skepsis traute, nicht nur zu Europa, der EU und der Währungsunion zu stehen, sondern sein Bekenntnis zur EU zu einem Pfeiler seiner Kampagne zu machen – so eindrucksvoll verkörpert durch die stete Präsenz europäischer Flaggen und den Einzug des frisch gewählten Präsidenten zu seiner ersten
Rede auf dem Platz des Louvre zur europäischen Hymne.

Seither hat Emmanuel Macron mit seiner aus der Bewegung ‚En Marche‘ entwickelten neuen Partei ‚La République en Marche !‘ (LREM) erstaunlich Vieles richtig gemacht. Es ist kaum zu glauben, aber es ist ihm und der LREM gelungen, am 11. Mai 2017 für die anstehenden Parlamentswahlen quasi aus dem Nichts 428 Kandidaten zu produzieren, die tatsächlich folgende Kerndaten belegen:

214 Frauen und 214 Männer
95 % Kandidaten, die nicht unmittelbar zuvor im Parlament waren, dh 24
Kandidaten, die dem aktuellen Parlament angehören
93 % Kandidaten, die Berufen und anderen Tätigkeiten nachgehen
77 % Kandidaten, die aktuell kein politisches Mandat halten
52 % Kandidaten, die noch nie in ein Mandat gewählt worden sind
4 % Pensionäre, 2 % Arbeitssuchende und 1 % Studenten
Bei einem Altersdurchschnitt von 46 Jahren und einer Alterspanne von 24 bis
72 Jahren.

Die Hoffnung ist, dass sich die LREM in den Parlamentswahlen mit ausreichend Mehrheit durchsetzt, um die Politik von Emmanuel Macron auch umsetzen zu können.

Für Europa und für uns bei Youropean ist auch wichtig, dass es Emmanuel Macrons Ziel ist, Frankreich wieder Selbstvertrauen zu vermitteln, die Franzosen wieder stolz auf ihr Land sein zu lassen. Er scheint auch hierbei auf bestem Weg.

Deutschland kann und muss Frankreich bei diesem Ruck in eine hoffnungsfrohe Zukunft für Frankreich und Europa unterstützend begleiten, denn nur so kann Europa wieder zu neuer Stärke finden. Macron hat die notwendige Reform Europas in das Zentrum seiner Politik gestellt, er hat eine
Regierungsmannschaft bestellt, die sehr pro-europäisch und Europa-erfahren ist – und auch sehr germanophil, er möchte Europa ein starkes Frankreich präsentieren, das ein verlässlicher Partner für die Anpassungsprozesse innerhalb des europäischen Hauses und an der Europäischen Union und der Währungsunion sein kann. Er möchte auch Europa das in den letzten Jahren verloren gegangene Vertrauen zurückgeben. Hieran haben wir auch in Deutschland ein großes Interesse.

In unserem Youropean Salon am heutigen Mittwoch, den 7. Juni 2017, mit Vortrag von Philippe Maso y Guell Rivet, soll es darum gehen, was sich Emmanuel Macron von Europa verspricht, welche Erwartungen er an Europa und damit auch Deutschland stellt, was er realistischerweise wird umsetzen können – und wie wir uns dazu stellen wollen, welche Erwartungen wir unsererseits an ihn stellen.

 

 

Im Juni 2017

Daniela Weber-Rey für YOUROPEAN e.V.

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